Details
[Aus: www.amazon.de: Rezensionen:]
Neue Zürcher Zeitung
Ehediskurse
lx. Rüdiger Schnell, Professor für Ältere Deutsche Literatur an der Universität Basel, hat sich mit den Geschlechterdiskursen des späten Mittelalters und der beginnenden Neuzeit beschäftigt. Die zunächst verwirrlich erscheinende Stimmenvielfalt wurde nach Textsorten, deren Gebrauchsmerkmalen sowie nach den unterschiedlichen Kommunikationssituationen gesichtet. Neben den eigentlichen «Männer»- und «Frauendiskursen», die mit oftmals drastischen Worten für den jeweiligen Geschlechterstandpunkt plädieren, lassen sich auch versöhnliche Ehediskurse ausmachen. Darin sind die Formulierungen für Mann und Frau nahezu identisch; beiden Geschlechtern wird Nachsicht gegenüber den Schwächen des anderen abverlangt. So erinnert Samuel Neuheuser in einer Hochzeitspredigt von 1578 an Luthers Worte: «Ein Ehemann soll gedultig sein / Sein Weib nicht halten wie ein Schwein. Ein Eheweib soll vernünftig sein / Ihrs Mannes weise lehrnen fein.» Schon das 16. Jahrhundert kannte demnach die Vorzüge eines ehelichen Krisenmanagements.